Mit Wissenschaft, Kunst, Aktivität – 10 Jahre Frauenrat
Am 3. Juni 2023 lud der Frauenrat der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland zum Jubiläumsfest nach Frankfurt ein – Frauen und Männer. Über 50 Menschen nahmen fluktuierend teil, darunter sechs Männer. Der Tag war dreifach gestaltet, so wie die Arbeit im Frauenrat: neben Wissenschaft und Kunst gab es auch Tätigkeiten in Gemeinsamkeit wie das Plastizieren einer Frauenfigur.
Bereits 1906 äußerte Rudolf Steiner, dass die Frauenfrage eine der größten Kulturfragen der Gegenwart sei. Dies stellte Martina Maria Sam am Anfang ihrer zwei Vorträge dar. Sie sprach über Frauen, die Rudolf Steiner beeinflusst hatten oder Mitarbeiterinnen waren. So erfuhren wir aus seiner Wiener Zeit über Frauen vor dem Hintergrund der Frauenbewegung Ende des 19. Jahrhunderts (Pauline Specht, Marie Lang, Rosa Mayreder, Helene Stöcker). Den zweiten Vortrag widmete Martina Sam Marie Steiner, Edith Maryon und Ita Wegmann. Da sie sich in das Thema der Frauenfrage gründlich eingearbeitet hatte, schienen ihre spannenden Ausführungen teilweise wie ein Gespräch mit dem Frauenrat.
In drei Berichten am Nachmittag spiegelte sich die zehnjährige Tätigkeit des Frauenrates: in Erkenntnissen über die weiblichen und männlichen Wesensglieder (Petra Kühne), in Beobachtungen zum Rollenverhalten der Geschlechter (Barbara Messmer) und im Formulieren von zukünftigen Aufgaben (Birgit Grube-Kersten).
Die Frauenrätinnen hatten das Foyer des Rudolf Steiner Hauses Frankfurt mit Tafeln ihrer Ausstellung „Friedensimpulse von Frauen“, ferner mit Gemälden und Zeichnungen von Frauen zu Frauenthemen geschmückt. Ulli Leuschner sorgte für die ästhetische Gestaltung der Räume und Margarete Kokocinski führte kompetent durch den abwechslungsreichen Tag von 10 bis 19 Uhr.
Eine Anknüpfung an die Gegenwart bot die Frankfurter Fotografin Stefanie Kösling mit ihrer zehn-minütigen Installation „Gesichter“, die männliche und weibliche, junge und alte Foto-Gesichter aller Nationalitäten unmerklich ineinander übergehen lässt. Dies rief einen regen Austausch mit vielen Fragen hervor. Das Konzert am Nachmittag bestritten zwei junge hervorragende Künstlerinnen. Sie trugen mit Gesang (Kristina Schaum) und am Flügel (Arline Klein) Kunstlieder aus dem 19. und 20. Jahrhundert vor, in einer selbst gestalteten Abfolge, die die Freuden und Leiden einer Frau durch ihre Liebe zu einem Mann inszenierten – von erheiternd bis zu völlig erschütternd.
Friedlinde Hüther organisierte das Plastizieren, damit durch vieler Hände Arbeit eine sitzende Frau in Ton entstehen konnte. Am Ende des Tages leitete Agnes Storz Volkstänze aus aller Welt zu Liedern, von Frauen gesungen, an. Mit Begeisterung tanzten wir bis nach 20 Uhr. Die Resonanz und die positiven Reaktionen auf diesen Tag geben Impulse für die Weiterarbeit. Es gilt noch immer, dass die Frauenfrage eine der größten Kulturfragen der Gegenwart ist, wenn auch mit anderen Schwerpunkten als vor über 100 Jahren.
Barbara Messmer und Petra Kühne | Frankfurt/Main