Zukunftsperspektiven
Allianz der Anthroposophischen Bewegung trifft sich in Stuttgart
Am 11. Oktober versammelten sich zum ersten Mal seit Beginn der Coronazeit die Vertreter*innen der anthroposophischen Verbände. Mit dabei waren Demeter, das Nikodemus-Werk der Altenwohnstätten, der Bund der Freien Waldorfschulen, die Freunde der Erziehungskunst, die Vereinigung der Waldorfkindergärten, Anthropoi Bundesverband der Heilpädagogen, die Gesellschaft anthroposophischer Ärzte in Deutschland, Gesundheit aktiv sowie die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland als Gastgeber. Aus Termingründen konnten die Christengemeinschaft, Info3 und die GLS-Bank nicht teilnehmen.
Seit etwa sieben Jahren existiert diese Zusammenarbeit der anthroposophischen Bewegung. Sie hatte sich zunächst mit der Perspektive gebildet, gemeinsam das Kongress-Festival „Soziale Zukunft“ auszurichten (2017). Der zweite Kongress dieser Art in 2020 (wegen Corona verschoben auf 2021) konnte aufgrund der Pandemie nicht stattfinden. Bei diesem Treffen wurde auch die Endabrechnung der Kongress-Anlaufkosten angeschaut und ein Rest-Defizit von 7.000 Euro (von insgesamt ca. 140.000 Euro, die bereits durch Stiftungen, Verbände und Firmen gedeckt werden konnten) gemeinsam aufgearbeitet.
Ein entscheidendes Thema war die in Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen entstandene Kritik an der Anthroposophie, die sich an der „Querdenker-Bewegung“ entzündet und zu einer Vielzahl an Artikeln in der öffentlichen Medienlandschaft geführt hatte. Daraufhin wurde mit den Öffentlichkeitsarbeiter*innen der Verbände zu Beginn des Jahres 2021 eine Strategie im Umgang mit öffentlichen Verlautbarungen entwickelt, die zunächst eine Zurückhaltung praktizierte, dann aber auch dezidierte Klarstellungen publizierte sowie eine kontinuierliche Vernetzung im Bereich Öffentlichkeitsarbeit ermöglichte. Bei diesem Treffen der Allianz ging es um die Frage, welche weiteren Schritte in den nächsten Jahren verfolgt werden sollen.
In diesem Sinne entstand jetzt der Tenor, wieder offensiv die substanziellen Anliegen der anthroposophischen Bewegung öffentlich zu vertreten. Besprochen wurden die Vorschläge, zunächst Kolloquien zu den kritischen Fragen zu veranstalten (Rassismus-Vorwurf, Esoterik-Vorwurf, Verschwörungs-Vorwurf etc.), dann im Jahr 2023 das Thema „Zukunftsfähige Bildung“ in einem Kongress mit möglichst allen anthroposophischen Ausbildungsstätten gemeinsam auszurichten sowie das Jahr 2025 (100. Todestag Rudolf Steiner) durch eine größere, öffentlich wahrnehmbare „Aktion“ (auch medial sichtbar) anzugehen. Diese Perspektiven entstanden aus dem Duktus, dass die Anthroposophie auch nach 100 Jahren wesentliche Beiträge zu den gesamtgesellschaftlichen Fragen leistet und sich keinesfalls verstecken sollte. Der Tenor war, dezidiert das zu vertreten, was uns wichtig ist und dafür die richtige Sprache zu finden, die auch von Außenstehenden verstanden werden kann.
Zu Beginn der Allianz-Treffen wird stets eine der beteiligten Organisationen detaillierter dargestellt und mit ihren aktuellen Aufgaben und Fragen gemeinsam besprochen. Dieses Mal gab es eine ausführlichere Schilderung zur Tätigkeit der Anthroposophischen Gesellschaft. Dabei wurde deutlich, wie sich ihre Aufgaben im 21. Jahrhundert gewandelt haben: Ergänzend zum obligatorischen Studium der Steiner-Werke (Pflege der Anthroposophie) sind gegenwärtig die gesamtgesellschaftlichen Probleme und Herausforderungen ein entscheidendes Thema, dem sich eine solche Gesellschaft stellen soll und muss. In der anteilnehmenden Aussprache und Nachfrage wurde deutlich, wie sehr die Teilnehmer*innen in der Allianz nach sieben Jahren zu einem vertrauensvollen, freien, herzlichen, aber auch aktiven Miteinander zusammengewachsen sind. Das verspricht eine gute Grundlage für die nächsten Jahre zu sein.
Michael Schmock | Vorstand und Generalsekretär der AGiD