Anthroposophie.de oder: Wie eine neue Website entsteht
Anthroposophie.de ist eine Website, die eine Informationslücke schließen soll: eine leicht zugängliche und ansprechende Website, die die anthroposophischen Ideen und Praxisfelder zugänglich macht. Wir, das Projektteam, haben dafür die Kommunikationsagentur .FACTUM und die Designagentur Burke engagiert, die uns bei der inhaltlichen und gestalterischen Umsetzung unterstützt haben. Im Interview gehen Katharina Wagner von Burke und Jörg Röthlingshöfer von .FACTUM sowie Matthias Niedermann (AGiD) auf Gesichtspunkte bei der Realisierung ein.
Sebastian Knust: Es gibt unterschiedliche Kommunikationsansätze in der anthroposophischen Bewegung. Einer lautet: „Die Produkte sprechen für sich.“ Dabei werden die die von anthroposophischen Ideen inspirierten Produkte und Dienstleistungen in den Vordergrund gestellt. Jörg, welchen kommunikativen Ansatz verfolgst Du in Bezug auf die Website anthroposophie.de?
Jörg Röthlingshöfer: Danke für die Frage, die Beantwortung ist mir wirklich ein Anliegen. Mein Ansatz geht nämlich in die Richtung, dass die Menschen die Ideen der Anthroposophie und Rudolf Steiners kennenlernen müssen. Denn nur so können sie auch die Motivation hinter den Produkten und den inhaltlich tieferen Bezug verstehen. Das bedeutet, dass bei Imagekrisen, wie sie die Anthroposophie in der Vergangenheit häufiger erlebt hat, die Menschen trotzdem weiter zu den Produkten stehen, da sie die Kritik insgesamt besser einordnen können. Damit mehr an fundiertem Wissen einfach und verständlich vermittelt werden kann, wurde die Website anthroposphie.de umgesetzt. Dort können sich Besucherinnen und Besucher ein eigenes Bild machen.
Sebastian Knust: Das Konzept einer neuen Website für die Anthroposophie entwickeln wir schon seit einigen Jahren. Matthias, kannst Du kurz skizzieren, welche Motive dabei eine Rolle spielen?
Matthias Niedermann: Seit über 100 Jahren tragen anthroposophische Denkweisen wirksam zu kreativen sozialökologischen Lösungen für globale gesellschaftliche Herausforderungen bei. Wir haben aber die Beobachtung gemacht, dass viele Menschen die Anthroposophie nicht kennen, geschweige denn verstehen. Die interessante Frage ist: Warum eigentlich nicht? Schließlich gibt es ja eine Unmenge an Publikationen dazu.
Uns sind dazu zwei Punkte aufgefallen: Einerseits erfreuen sich Dienstleistungen und Produkte von Unternehmen, die auf einer anthroposophischen Grundlage arbeiten, generell einer hohen Beliebt- und Bekanntheit. Dagegen wird die Frage „Was ist Anthroposophie?“ in der anthroposophischen Szene oftmals als inhaltlich voraussetzungsvolle Expertendiskussion in einem abgegrenzten Publikationswesen geführt.
Zum anderen sind anthroposophische Veranstaltungsformate und Publikationen insgesamt stark auf eine enge Kernkundschaft ausgerichtet. Dies ist zu einem gewissen Grad verständlich und auch notwendig, reicht jedoch nicht aus. Steiners Ideen und die kulturelle Wirksamkeit der Anthroposophie müssen spätestens 100 Jahre nach Steiners Tod um eine sachliche öffentliche Diskussion erweitert werden.
Dabei geht es nicht primär darum, die Anthroposophie an sich bekannter zu machen, sondern darum, dass wir als Menschheit an die Grenzen eines äußeren Wachstums kommen. Die damit verbundenen Herausforderungen rufen nach Lösungsansätzen, die auf ein inneres Wachstum bauen. Anthroposophische Denkweisen können in diesem Kontext dazu beitragen, neue menschliche Entwicklungspotenziale zu erschließen. Aus diesen Gründen versuchen wir die Initiativen für das Jahr 2025 so zu gestalten, dass sie in einem erweiterten digitalen und öffentlichen Raum stattfinden können.
Sebastian Knust: Anthroposophische Designelemente haben durchaus einen hohen Wiedererkennungseffekt, was bis zu Begriffen wie Architektur mit „abbenen Ecken“ und Ähnlichem führte. Wie nimmst Du, Katharina, aus Sicht einer professionellen Kommunikationsdesignerin diese Gestaltungssprache wahr?
Katharina Wagner: Die anthroposophische Gestaltung zeichnet sich durch ihre harmonische Verbindung mit der Umgebung aus. Sie greift auf organische Formen zurück, die von natürlichen Wachstumsmustern inspiriert sind, sowie auf Materialien wie Holz, Stein oder Lehm, die eine starke Verbindung zur Natur vermitteln. Sanfte, natürliche Farbtöne schaffen eine warme, einladende Atmosphäre und fördern das Gefühl von Geborgenheit und Harmonie.
Diese Gestaltung ist zeitlos, da sie sich bewusst von kurzlebigen Trends abwendet und stattdessen auf universelle ästhetische Prinzipien setzt. Asymmetrische und unregelmäßige Details verleihen den Formen Lebendigkeit und Charakter, wodurch jedes Element individuell und einzigartig wirkt. Diese Aspekte spiegeln einen der anthroposophischen Grundgedanken wider, der sowohl die Natur als auch den Menschen mit all seinen Facetten respektiert und ein Gleichgewicht zwischen beiden schafft.
Die Gestaltungsphilosophie geht über das rein Ästhetische hinaus: Sie will Räume und Objekte mit einer positiven, inspirierenden und entwicklungsfördernden Wirkung auf die Menschen schaffen, die mit ihnen interagieren. Auf diese Weise vereint die anthroposophische Gestaltung Funktionalität, Sinnlichkeit und eine ganzheitliche, nachhaltige Ästhetik.
Sebastian Knust: Bei der Website anthroposophie.de wurden auch traditionelle anthroposophische Gestaltungselemente berücksichtigt, wie z. B. eine Schrift von Roggenkamp. Welche Ansätze liegen der Gestaltung der Seite zugrunde?
Katharina Wagner: Bei der Neugestaltung der Website war es uns besonders wichtig, die vertrauten Gestaltungselemente der Anthroposophie wie Schriften und charakteristische Formen zu bewahren, um die bestehenden Identitätsmerkmale zu erhalten. Gleichzeitig wollten wir diese Elemente aufgreifen und sie in ein modernes, zeitgemäßes Webdesign überführen. So haben wir für das „Anthroposophie-Logo“ die traditionelle Roggenkamp-Schrift verwendet. Auch die verwendeten Muster sind aus Fragmenten der Schrift zusammengestellt. Diese Elemente wurden in den neuen Gestaltungsansatz integriert. Er zeichnet sich durch eine klare, minimalistische Ästhetik aus und setzt vor allem auf Nutzerfreundlichkeit und Übersichtlichkeit. Mit einer reduzierten Farbpalette, großzügigen Weißräumen und einer harmonischen Typografie haben wir die Inhalte gezielt in den Fokus gerückt und eine ansprechende, ausgewogene Gestaltung geschaffen.
Indem wir zentrale Gestaltungselemente beibehalten haben, wird eine starke Wiedererkennbarkeit geschaffen, die es ermöglicht, sich abzuheben und langfristiges Vertrauen aufzubauen. Uns war es wichtig, dass unser prägnantes, durchdachtes Design den Nutzern hilft, sich schnell zurechtzufinden und unsere Botschaften intuitiv zu verstehen. Klarheit, Konsistenz und Einzigartigkeit sind dabei die Schlüsselfaktoren.
Außerdem haben wir die Seite für mobile Endgeräte optimiert, um eine reibungslose Nutzung auf allen Bildschirmgrößen zu gewährleisten. Mit interaktiven Elementen, dezenten Animationen und einem responsiven Design erhält die Website ein modernes und lebendiges Erscheinungsbild. Eine benutzerfreundliche Navigation und klar strukturierte Inhalte sorgen dafür, dass die Nutzer schnell und einfach die gewünschten Informationen finden. Das Ergebnis ist eine Website, die sowohl die Tradition respektiert als auch zukunftsweisend ist – eine klare, zeitgemäße Identität, die nicht nur heute überzeugt, sondern möglichst auch morgen bleibt.
Sebastian Knust: Vielen Dank für Eure Antworten!
Zur Website und zu den Veranstaltungen rund um das „2025 Steiner-Festjahr“
Matthias Niedermann, geb. 1984, Ausbildung und Mitarbeit in den Camphill Schulgemeinschaften am Bodensee, Studium an der Universität Witten/Herdecke. Seit 2016 organisiert er Veranstaltungen und Kongresse für die AGiD, später war er in der Kommunikation der AGiD tätig und seit 2024 fungiert er als Co-Leitung in der Geschäftsstelle der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland e.V.
Katharina Cogbill Wagner, geb. 1976 in Hamburg. Sie absolvierte ihr Studium an der Burke Akademie und ist seit 2014 Geschäftsführerin der Burke Agentur sowie Schulleiterin der Burke Akademie. Zuvor arbeitete sie für namhafte Unternehmen wie Prinz Jahreszeiten Verlag, Gala G+J Medien GmbH und die FHM Bauer Media Group. Katharina hat drei Kinder, von denen zwei bereits erwachsen sind.
Jörg Röthlingshöfer, geb. 1977 in Fürth. Er hat in Erlangen und München Politik, Soziologie und Geschichte studiert und sich bereits während des Studiums 2002 mit der Kommunikationsagentur .FACTUM – Ehrliche Kommunikation selbstständig gemacht. Seitdem ist er Geschäftsführer der Agentur. Jörg ist verheiratet und hat eine achtjährige Tochter.