Aus einer kosmopolitischen Geschwisterlichkeit und Menschlichkeit initiativ sein
Mitglieder-Interview mit Monika Elbert
In dieser neuen Rubrik befrage ich Mitglieder zur Anthroposophischen Gesellschaft und erhalte kurze und persönliche Einblicke in eine bewegte und tiefe Beziehung.
Sebastian Knust: Was ist für Dich das Besondere an der Anthroposophischen Gesellschaft, was begeistert Dich?
Monika Elbert: All die Menschen hier und über die ganze Welt verbreitet, die das Anliegen haben, Selbstentwicklung und Weltentwicklung vom Ich aus zu verstehen und interessiert sind, forschend miteinander daran zu arbeiten. Das schafft innere Verbindung.
SK: Warum bist Du Mitglied in der AG geworden, was war das Hauptmotiv?
ME: Als ich die Anthroposophie entdeckte und deutlich spürte, dass dies meine Sache ist, lebten wir mit den Kindern in Nordhessen sehr ländlich. Es gab weit und breit weder Arbeitsgruppen noch Gesprächspartner. Abends sich alleine die „Philosophie der Freiheit“ zu erschließen oder die „Geheimwissenschaft“ – das war äußerst zäh und mühsam. Mit dem Umzug an den Bodensee boten sich dort ganz neue Möglichkeiten. Es gab einen Zweig in der Nähe und ich bin gleich nach dem Umzug dort Mitglied geworden. Das war ein innerer Jubel für mich, ich hatte dann die ersten Jahre kaum an einem Zweigabend gefehlt. Das ist nun 30 Jahre her.
SK: Wie siehst Du die Zukunft der AG, was möchtest Du beitragen?
ME: Zentrales Thema ist aus meiner Sicht die Forschung auf geistigem Felde: individuell, in der Gemeinschaft und auf allen Ebenen der Fachbezüge. Hier ist wichtig, dass sich die Menschen mit ihren Fragen gegenseitig wirklich erreichen und sich wechselseitig abverlangen, über sich hinauszuwachsen. Der Selbsterkenntnis folgt Selbstveränderung und weckt das Interesse, die Welt mitzugestalten. Innen und außen gehen immer miteinander einher.
Die großen Fragen unserer Zeit fordern unser Potenzial heraus. Der Diskurs um gesellschaftlichen Wandel drängt sich uns derzeit mit aller Wucht auf. Hier haben wir uns als Anthroposophische Gesellschaft mit den uns möglichen Bewusstseins- und Gestaltungskräften produktiv einzubringen. Wenn wir diese Aufgaben nicht ergreifen, werden wir in der Selbstbespiegelung im Innenraum der Anthroposophischen Gesellschaft veralten, was den Verlust der Lebenskräfte dieses Organismus zur Folge hätte.
Daher sollten wir uns den Herausforderungen stellen, uns in beweglichere Formen zu wagen und uns mit den Fragen der Welt tiefer noch zu verbinden, ohne den Wesenskern der Anthroposophie, die geisteswissenschaftliche Forschung, zu verlieren. Daran möchte ich gerne mitarbeiten.
Von außen werden wir als unbequem erlebt, weil wir mit unserem Fragen in die Tiefen bohren, nicht Halt machen, wo es unbequem wird und tief überzeugt von einem freiheitlichen Menschentum handeln. Die Anthroposophische Bewegung ist mit ihren vielfältigen Lebensfeldern sehr erfolgreich, was wohl viele verunsichert oder gar stört und offensichtlich geeignete Projektionsflächen bietet. Da ist der Weg zu der immer wiederkehrenden Unterstellung, die Anthroposophie sei dem Wesen nach elitär, ausgrenzend und fundamentalistisch, nicht weit. Hier haben wir immer wieder aufs Neue unser Selbstverständnis prüfend zu klären und die Anthroposophie gegenüber diesen Angriffen zu verteidigen. Unsere Triebfeder ist letztlich, aus einer kosmopolitischen „Geschwisterlichkeit und Menschlichkeit“ initiativ zu sein.
SK: Vielen Dank!
Monika Elbert, geboren 1960, vier erwachsene Kinder; sie war 18 Jahr geschäftsführend in der Turmalin-Stiftung tätig; seit 20 Jahren verwaltet sie die Stiftung zur Forschungsförderung, Redaktionsmitglied der Zeitschrift Anthroposophie; Vorstandsmitglied der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland; lebt am Bodensee.