In Geduld durch Labyrinthe
Mit dieser Thematik aus dem zweiten „Mysterienspiel“ Rudolf Steiners mit dem Titel „Die Prüfung der Seele“, haben die Schauspielerin Gabriela Cieslinski und der Schauspieler Volker Frankfurt in einer Inszenierung von Bodo Bühling (München) die beiden Protagonisten Maria und Johannes Thomasius dargestellt, um ihre Seelenprüfungen miterleben zu lassen. Die Aufführung fand am 22. Oktober in der Paulus-Kirche der Christengemeinschaft in Wangen (Allgäu) statt und wurde vom Kaspar-Hauser-Zweig Wangen veranstaltet.
Darf man aus einem Mysterienspiel eine in sich abgeschlossene Thematik herauslösen und zur Darstellung bringen? Die beiden Schauspieler wagten es, sich ganz auf das Freundschaftspaar zu konzentrieren. Es gelang ihnen, ihr Publikum die besondere Stimmung des Mysterienspiels erleben zu lassen – nicht nur in der Sprache Rudolf Steiners, sondern auch inhaltlich in der Begegnung mit ihrem geistigen Führer Benedictus wie auch ihren Versuchern Ahriman und Luzifer. Durch Sprache, Gestik, Gebärde und Beleuchtung wurden die Zuschauerinnen und Zuschauer so ergriffen, dass eine intensive Stimmung im Raum entstand.
Einige Besonderheiten, die dazu beitrugen, seien erwähnt: Schauspielerin und Schauspieler erschienen nicht in der von Inszenierungen am Goetheanum gewohnten Bekleidung und mit den Gebärden Ahrimans oder Luzifers, sondern in modernen Kostümen, ebenso Benedictus. Subtile Andeutungen in Sprache und Gebärde forderten die Zuschauenden zur inneren aktiven Teilnahme auf. Die Alltagsnähe war nicht hinderlich, sondern trug gerade dazu bei, Geisteskräfte und Wirken der Versucher intensiv zu erleben. – Die Seelenkräfte Philia, Astrid und Luna traten nicht auf, wurden aber als Schwestern angesprochen und mit eurythmischem Tierkreishintergrund in entsprechendem farbigen Licht dargestellt, was magisch tief beeindruckte, selbst wenn Zuschauende diesen anthroposophischen Hintergrund nicht kannten.
Inhaltlich legt Benedictus zu Beginn des Spiels die schwere Aufgabe auf Marias Seele, sich in Selbsterkenntnis der Beziehung zu Johannes bewusst zu werden. Im weiteren Verlauf des Spiels widersteht Maria dem Anliegen Ahrimans; Johannes Thomasius jedoch erliegt der schmeichelnden Versuchung Luzifers. Das Spiel endet mit einem kurzen Monolog Marias, der die Zuschauerinnen und Zuschauer so fesselte, dass sie diese Schicksalsbeziehung gern weiter verfolgt hätten. Sie endet aber auch im dritten Mysterienspiel noch nicht.
Obwohl Capesius, eine zentrale Gestalt im zweiten Mysterienspiel, hier nicht auftritt – dazu hätte es eines dritten Schauspielers bedurft –, wurde dies nicht als Mangel erlebt. Um so packender ergriff die Zuschauenden die dramatische Entwicklung in der Freundschaft von Maria und Johannes.
Alles in allem ist den beiden Hauptakteuren des zweiten Mysterienspiels eine konzentrierte und ergreifende Darstellung gelungen. Man würde sich eine Wiederholung wünschen, da die gegenwärtige Aktualität in den Beziehungen unter uns Menschen auf spirituellem Niveau angesprochen wird.
Die Aufführung in Wangen war Teil einer Tournee, die die Fortsetzung einer früheren Tournee mit Auszügen aus dem ersten Mysterienspiel bildet.
Volker Seelbach, Wangen im Allgäu
Weitere Aufführungen sind 2024 vorgesehen:
8.3.24 in Dresden, Christengemeinschaft,
9.3.24 in Weimar, Anthroposophische Gesellschaft,
19.4.24 in Freiburg-Buchenbach, Friedrich-Husemann-Klinik und
20.4.24 in Stuttgart, Eurythmeum.
Kontakt: Volker Frankfurt, frankfurtvolker @yahoo.com