Humor, Herzlichkeit und freie Spontanität
Aus der Arbeit der „Jungen Hochschule“
Seit einigen Jahren kommen wir in Stuttgart etwa zweimal jährlich zu einem 24-stündigen Treffen von Freitag- auf Samstagabend zusammen. Bei dieser Veranstaltung versuchen wir, uns auf schöpferische Weise den Inhalten der von Rudolf Steiner gegebenen „Klassenstunden“ der „Freien Hochschule für Geisteswissenschaft“ zu nähern. Dabei arbeiten wir in chronologischer Folge und sind aktuell bei der achten Klassenstunde angelangt. In der Reihe der Klassenstunden wird ein innerer Weg beschrieben vom Herantreten an die Schwelle, dem Kennenlernen der „Tiere“ des Denkens, Fühlens und Wollens und deren Umwandlungen, dem Einleben in die Welt der Elemente und dem Kennenlernen des Verstrickt-Seins in diese Welt bis zum Schwellenübertritt und der meditativen Betrachtung der drei Seelenkräfte von jenseits des sogenannten „Abgrunds“ zwischen sinnlicher und übersinnlicher Welt.
Im Laufe der Zeit hat sich für mich die Arbeit an den Mantren als so etwas wie eine geistige Heimat herauskristallisiert. Damit meine ich einen inneren Ausgangspunkt, einen Bezugspunkt, eine Kraft- und Inspirationsquelle für meine tägliche Arbeit. Zu Beginn eines jeden Treffens arbeiten wir zusammen eine Vorgehensweise aus. Hier legen wir jedes Mal von Neuem frei fest, welche Methodik wir der Arbeit geben wollen. Dies hängt stets von der Anwesenheit und Aktivität der jeweils Anwesenden ab.
Einmal gehen wir dialogisch, einmal künstlerisch, ein anderes Mal eher phänomenologisch-forscherisch, aber immer auch meditativ vor. Dabei dient unsere Gruppe als Forschungsgemeinschaft. Persönliche Wahrnehmungen werden gespiegelt und durch die Erlebnisse der anderen ins Transzendente gesteigert. Das Überpersönliche kann hindurchscheinen, sofern es uns gelingt, einen entsprechenden Rahmen zu schaffen.
Ich habe den Eindruck, dass durch eine solche Arbeit meine Orientierung in der Meinungsvielfalt der Gegenwart gesteigert wird, ein Menschenverständnis wächst, das auf unbedingte Positivität baut und so etwas wie eine besondere Achtsamkeit für das allgemein Menschliche Platz greift. Besonders in Bezug auf gegenwärtige Themen wie die Mensch-Maschine-Kommunikation im Rahmen der Digitalisierung scheint mir diese Qualität von besonderer Wichtigkeit.
Beispielhaft sei hier ausschnittsweise die Arbeit während unseres letzten Treffens bezüglich der achten Klassenstunde kurz skizziert. Es wurden jeweils die drei großen meditativen Bilder aus der siebten sogenannten „Wiederholungsstunde“ zu den Mantren der achten Klassenstunde gelesen. Jeder stellte sich meditativ in diese Bilder hinein. Dabei wurden die entsprechenden Mantren hinzu-meditiert. Nach Abschluss des dreischrittigen Vorganges zu Denken, Fühlen und Wollen tauschten wir uns über das Wahrgenommene aus und wogen die Erlebnisse sowie auch Ergebnisse ab. Wie hat sich jeder geschaut auf den beiden Seiten des Abgrundes zwischen der sinnlichen und geistigen Welt? Wie stellen sich hier wie dort mein Denken, mein Fühlen und mein Wille dar?
Das Besondere an dieser Arbeit ist für mich die Beschäftigung mit den Klassenstunden in methodischer Offenheit. Dabei spielen Vertrautheit, Humor und Herzlichkeit sowie die freie Spontanität der Wahl der Mittel eine entscheidende Rolle. Auf diesen Fundamenten kann ein Raum meditativer Versenkung entstehen, in welchem wir versuchen, den Inhalten der jeweiligen Stunden nahezukommen. Gelingt dies, gehen wir gestärkt und zuversichtlich am Samstagabend auseinander. Bis zu einem nächsten Treffen.
Das nächste Treffen der Jungen Hochschule findet statt vom 7. Juli 17.00 Uhr bis 8. Juli 17.00 Uhr im Rudolf Steiner Haus Stuttgart. Inhalt zur Vorbereitung ist die neunte Klassenstunde. Gerade jüngere Menschen zwischen 18 und 40 Jahren sind herzlich eingeladen. Bei Interesse nehmt gerne Kontakt auf zu:
Anke Steinmetz steinmetz. @anthroposophie-nord.de
Jens Heissler | Architekt aus Stuttgart