Konkrete Schritte im Bereich Öffentlichkeitsarbeit
Der Vorstand der AGiD tagt in der Scharoun-Kirche in Bochum
Vom 11. bis zum 12. November tagte der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland (AGiD) in Bochum. Die Kirche der Christengemeinschaft stand uns auf Einladung von Tom Tritschel zur Verfügung, der hier sein Priesteramt ausübt. Die Scharoun-Formen des Altarraums sind bewegt. Das Licht strahlt von der Decke und einer Glaswand. Die roten Ziegelwände sind gebogen und changieren lebendig. Selbst der Boden ist leicht geneigt – zum Altar hin. Der Kirchenraum wird vom Eingang aus nicht gradlinig betreten, sondern mit einer 180 Grad Kehrtwende – eine Bewusstseinsbildung im Zugang auf das Wesentliche. Irgendwie macht das alles Sinn und ist substanzbildend. Wir geben uns Mühe, die Sitzung entsprechend „würdig zu vollbringen“.
Es geht zunächst um die Initiativen für eine spirituelle Aktivierung – um die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft. Genauer gesagt, um die „Allgemeine Sektion“. Ein zentrales Anliegen der neuen Vorstandsrunde ist es, gerade auch in Anbetracht der gegenwärtigen Verunsicherung, die Hochschule mit ihrem „Substanz-Potenzial“ aktiver auszugestalten. Es wird vom Vermittler-Kreis aus Kassel berichtet, der erstmalig ein Schulungs-Element beinhaltet, dann vom Hochschul-Kolloquium „Zum übenden Umgang mit den Mantren der Klassenstunden“ sowie vom Kolloquium zur „Übersinnlichen Wahrnehmung“ in Stuttgart, das leider wegen Corona in der Größenordnung mit über 100 Anmeldungen derzeit nicht stattfinden kann. Wir verständigen uns darüber, wie wir eine „Erweiterte Hochschule“ verstehen und wie der Weg dahin sein kann, der auch alle sich bildenden Hochschulgruppierungen einbeziehen kann.
Ein großer Teil der Konferenz bezieht sich auf die Fragen einer zukünftigen Öffentlichkeitsarbeit. Die Rassismus-Vorwürfe gegen die Anthroposophie nehmen wieder zu. Nach verschiedenen Vorgesprächen (vgl. Bericht zum Gespräch mit Dr. Michael Blume im Oktober-Newsletter) wurde deutlich: Es braucht einen „proaktiven“ Umgang mit der Rassismus-Diskussion. Ein „Wegducken“ und „Abwarten“ bringt wenig, ständige Klarstellungen bzw. Verteidigungsstrategien ebenso wenig. Wir sehen eine Homepage „Anthroposophie und Rassismus“ als Möglichkeit, alle vorhandenen Materialien, Stellungnahmen und Texte dazu im Kontext zu präsentieren. Aber auch darin, Podiumsgespräche zu veranstalten bzw. Film-Material zu präsentieren, in dem die anthroposophischen Initiativen auf allen Kontinenten anschaulich werden. Auch Podcasts können helfen, sich aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
In der sich anschließenden „Erweiterten Vorstandsrunde“ mit verschiedenen Öffentlichkeitsarbeitern der anthroposophischen Initiativen wie Laura Krautkrämer und Jens Heisterkamp (Info3), Holger Wilms (Anthropoi) und Claudius Weise (DieDrei) wird deutlich, dass hier Handlungsbedarf besteht und eine Zusammenarbeit an dem Thema mit den anderen Verbänden ein sinnvoller Schritt sein kann. Das Konzept für die Ausgestaltung einer Homepage und Veranstaltungen zu dem Thema wird vom Vorstand als Beschluss verabschiedet.
Unser Gespräch mit Dr. Michael Blume, dem Beauftragten gegen Antisemitismus der Landesregierung Baden-Württemberg, war für viele ein Motivationsschub, das Thema aktiv und offenherzig anzugehen. In einem seiner Podcasts (link siehe unten) beschreibt er, was er damit meint. Thema ist der Umgang mit „schlecht gealterten“ Bildern und Texten und wie eine angemessene Hermeneutik aussehen kann. Hier ein zentrales Zitat, das am Ende des Beitrags steht (Dank an Laura Krautkrämer, die uns darauf aufmerksam gemacht hat):
„Ich würde also keiner religiösen, weltanschaulichen, philosophischen oder künstlerischen Bewegung den Versuch empfehlen, die eigenen Traditionen zu verdrängen. Was wir jedoch erwarten können und erwarten dürfen ist eine aktive Hermeneutik – ein offenes Umgehen mit Problemen, ein immer wieder neues Ringen und Auslegen dessen, was uns mitgegeben wurde. Wer eine Schrift für bedeutend oder gar heilig hält, nimmt sie nicht passiv hin, sondern ringt unter dem Einsatz aller Erfahrungen und Wissenschaften mit ihr.
Wenn wir das einmal gelernt und verstanden haben, dann brauchen wir vor keiner Person, keinem Text und keinem Gegenstand der Geschichte mehr Angst haben – und auch nicht mehr vor dem Internet, das uns nun alles in die digitale Gegenwart drückt. Denn in der gemeinsamen, auch kritischen Auseinandersetzung mit dem uns Gegebenen liegt eine große, eine hermeneutische, eine poetische Freiheit – für jede und jeden von uns. In dieser Bewegung aus der Vergangenheit in die Zukunft liegt unsere vielleicht größte Chance für eine gemeinsame, vielfältige – für eine bessere Welt."
Zum gesamten Podcast von Dr. Michael Blume >
Also noch einmal: Wir bleiben dran!
Michael Schmock | AGiD Generalsekretär