Mir ist wesentlich, dass der Ansatz der Anthroposophie transdisziplinär und transkulturell ist
Mitglieder-Interview mit Prof. Dr. Tomáš Zdražil
Sebastian Knust: Was ist für Dich das Besondere an der Anthroposophischen Gesellschaft, was berührt Dich?
Tomáš Zdražil: In der Anthroposophischen Gesellschaft treffe ich Menschen, die zwar die allerverschiedensten Berufe ausüben und sowieso sehr unterschiedlich sind, und trotzdem merke ich sofort, wie tief ich mich ihnen in meinem inneren menschlichen Selbstverständnis und in der Weltsicht verbunden fühle. Schließlich habe ich dort auch meine besten Freunde gefunden. Das liegt an der Anthroposophie... Ich zehre seit meinem 15. Lebensjahr von ihr und verdanke ihr biographisch unglaublich viel. Die Anthroposophische Gesellschaft ist die Gesellschaft, die sich ja direkt der Pflege und der sozialen Wirksamkeit der Anthroposophie widmet.
SK: Warum bist Du Mitglied in der Anthroposophischen Gesellschaft geworden, was war das Hauptmotiv?
TZ: Ich bin gleich mit 18 Jahren der Anthroposophischen Gesellschaft beigetreten, weil ich mich für die Impulse der Anthroposophie in der Welt einsetzen wollte. Das war 1991 in der Tschechoslowakei, die damals aus einem jahrzehntelangen, in einer geistigen Wüste und Sackgasse endenden materialistisch-kommunistischen Albtraum erwachte. Ich habe im Rahmen der Anthroposophischen Gesellschaft sowohl die Anthroposophie ideell studiert als auch ihre praktischen Applikationen kennengelernt. Für mich war die Anthroposophische Gesellschaft das Instrument, mit dem die pädagogischen, landwirtschaftlichen, medizinischen, künstlerischen, wissenschaftlichen, religiösen und anderen Impulse der Anthroposophie gesellschaftlich erneuernd wirksam werden konnten. Und nicht zuletzt fühlte ich mich und fühle mich immer noch in der Anthroposophischen Gesellschaft Rudolf Steiner verbunden, dessen Lebenswerk für mich immer ein gewaltiges Inspirationspotential hatte und hat.
SK: Wie siehst Du die Zukunft der Anthroposophischen Gesellschaft, was möchtest Du beitragen?
TZ: Ich tue mich schwer, zwischen der Zukunft der Anthroposophie und der Anthroposophischen Gesellschaft zu unterscheiden – für mich sind es zwei Seiten der einen Medaille. Ich versuche ja, das Potenzial der Anthroposophie insbesondere für die pädagogische Arbeit und das Hochschulwesen in unserer Zeit zu ergründen und diese Fragestellung in meiner Arbeit mit den Studierenden an der Hochschule zu teilen. Sehr wesentlich ist mir aber dabei, wie die Anthroposophie in ihrem Ansatz transdisziplinär und auch transkulturell, das heißt allgemein-menschlich und universell ist. So freue ich mich – um ein konkretes Beispiel zu nennen – auch ganz besonders, Mitglied in der regelmäßigen
Internationalen Konferenz der Waldorfpädagogischen Bewegung (Haager Kreis) sein zu dürfen, wo diese Qualitäten speziell spürbar sind.
SK: Vielen Dank!
Prof. Dr. Tomáš Zdražil, geboren 1973, wohnt in Stuttgart. Bei der AGiD ist er Mitglied im Stiftungsrat der „Förderstiftung Anthroposophie“. Früher leitete er den Zweig „Kozákov“ in der Anthroposophischen Gesellschaft in Tschechien. Nach dem Studium war er rund zehn Jahre Klassen- und Oberstufenlehrer in Tschechien. Seit 2007 ist er in der Waldorflehrerbildung an der Freien Hochschule Stuttgart | Seminar für Waldorfpädagogik tätig.