Weltgesellschaft in Zusammenarbeit
Zum Treffen der Landesrepräsentanten am Goetheanum
Zu einem viertägigen Arbeitstreffen kamen ab 28. März 2023 ca. 30 Landesrepräsentant:innen der derzeit 35 Landesgesellschaften aus aller Welt im Goetheanum zusammen. Japan, Australien, Neuseeland, Brasilien, Argentinien, Kanada, USA, die europäischen Länder bis hoch nach Estland und Finnland. Georgien war vertreten und die Balkanländer, die östlich angrenzenden wie Polen, Tschechien, Slowakei, dann auch Portugal, Spanien und nicht zuletzt Südafrika. Es fehlten insbesondere Russland, Israel und Indien.
Über dem Treffen stand die Aufforderung Rudolf Steiners vom 29. Dezember 1923, die Flammen des Brandes in ihren merkwürdigen Farben durch die mitverbrennenden Orgelpfeifen und andere Metalle müssten zu geistigen Flammen werden, welche wir in unseren Herzen, in unseren Seelen anzufachen hätten als die Kraft des geistigen Goetheanum (sinngemäß am Ende des 6. Vortrags vom 29.12.1923, GA 233). Wie können wir heute solch eindrücklich-vielfältige Flammen als geistige Kraft in allen Ländern entfachen? Die Aufgabe der Generalsekretär:innen wird als Brückenamt mit zwei Pfeilern verstanden. Einerseits gilt es das Goetheanum im jeweiligen Land lebendig zu repräsentieren und andererseits braucht es die Repräsentanz der Landesgesellschaft am Goetheanum. Grundlage dafür ist gegenseitiges Vertrauen, welches aus Freiheit zu geben ist und damit auch nicht enttäuscht werden sollte. Ein solch kraftvolles Vertrauensverhältnis zu erarbeiten und immer wieder zu erneuern, war das Anliegen dieser Tage.
Inhaltlich wurde zunächst über die geistigen Hintergründe und Herausforderungen der Landesgesellschaften gesprochen sowie über die Bedeutung ihrer autonomen Strukturen im Zusammenschluss der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Auch wurde auf Initiativen der Landesgesellschaften, die Mitgliederbewegung und auf das Verhältnis von Peripherie und Zentrum geschaut. Ein interessanter Richtungswechsel war aus dem südamerikanischen Raum Ecuador/Kolumbien zu vernehmen. Wurde über Jahrzehnte die Anthroposophie über europäische Auswanderer dorthin getragen und gepflegt, so interessieren sich heute zunehmen Menschen aus indigenen Volksgruppen dafür, aus der ihnen erhalten gebliebenen Spiritualität mit der Spiritualität der Anthroposophie in Verbindung zu kommen, da sie diese als befruchtend und weiterführend erleben.
Ein wesentlicher Arbeitskomplex war in dieser Runde die Frage nach einer zeitgemäßen Formgestalt der Anthroposophischen Gesellschaft, auch im Hinblick auf die bevorstehende Generalversammlung und den vielen Mitgliederanliegen. Zusammen mit einem Rückblick auf die Corona-Zeit, den Vorblick auf die Weltkonferenz im Herbst und auf die kommende Weihnachtstagung in Dornach (Jubiläum 100 Jahre Weihnachtstagung) mangelte es an Themen wahrlich nicht, dafür aber umso mehr an ausreichender Zeit.
In der Corona-Zeit wurden aus der Not des Abgeschnittenseins neue Verbindungen der Länder über Video-Formate aufgebaut. So gibt es themen- und sprachbezogene Arbeitsgruppen über weite Entfernungen hinweg, die allerdings oft vor dem Problem der verschiedenen Zeitzonen stehen. Unter anderem hat sich auch eine Arbeitsgruppe der osteuropäischen Generalsekretäre plus Deutschland zusammengefunden, die sich immer wieder in Prag trifft. Es geht bei alledem um den Aufbau einer lebendigen Weltgesellschaft, die kreativ-offene Räume grenzüberschreitend zu schaffen versucht und dies in vielschichtiger Weise den jeweiligen Ländern gemäß.
Wie oben angedeutet, war ein wesentliches Thema die Gliederung der von Rudolf Steiner 1923 umgestalteten Anthroposophischen Gesellschaft, die er seinerzeit nicht mehr abschließend realisieren konnte. So stellen wir uns heute die Frage: Wie kann dieser unvollendete Prozess neu und weiterführend gegriffen werden? Viele Mitglieder und Verantwortliche sehen die dringende Notwendigkeit, zu einer zeitgemäßen Sozialform zu kommen, die dem Wesen Anthroposophie entspricht und fruchtbare Arbeitsverhältnisse befördert. Eine Gesellschaft, die nach Verwirklichung von Freiheitsfähigkeit strebt auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens, trägt Zukunftskraft in sich und strahlt aus. Insbesondere aus dieser Haltung heraus wollen wir als Deutsche Landesgesellschaft diesen Prozess befördern und unterstützen.
Monika Elbert, Generalsekretärin AGiD