Zykluswissen
Zwei Beiträge über das Herbsttreffen der Jungen Anthroposophen Norddeutschland

Vom 25. bis zum 28. November hat wieder der Jugendtreff Anthroposophie Nord (JAN) im alten Schafstall in Wörme im Süden Hamburgs stattgefunden.
Bei diesem Treffen kommen junge Menschen zusammen, die an Ganzheitlichkeit und der Anthroposophie interessiert sind und dazu Themen behandeln.
Dieses Mal war die Balance zwischen inhaltlicher Arbeit und Bewegung sehr schön, hieß es bei der Rückblicksrunde am Ende des Treffens: Wir haben uns viel bewegt, und der inhaltliche Teil war kürzer als sonst, was wahrscheinlich den Meisten gutgetan hat. Wir haben im Schafstall und draußen auf der Lichtung Kreistänze gemacht, bis es dunkel wurde, Berührungsübungen aus Spacial Dynamics (Hands On Techniques) gemacht, Kerzen gezogen und bei Kerzenschein vor dem Ofen gesungen. Der alte Schafstall steht auf einer Lichtung umgeben von Bäumen. Der Ofen wurde mit Holz geheizt, das Wasser gepumpt, mit Gas gekocht und die Räume wurden mit Kerzen erleuchtet. In der Küche kochten die einen mittags für zwanzig Menschen Curry und Nudeln, während die anderen draußen das Holz hackten. Danach haben alle zusammen am langen Tisch gegessen.
Inhaltlich sind wir im Rahmen eines interaktiven Gesprächsmodels in Dialoge gegangen zu Themen und Fragen der aktuellen Aufgaben und Vorhaben / Wünsche der nahen und ferneren Zukunft. In Dialogspaziergängen sowie größeren Gesprächsrunden konnten wir in Begegnung mit uns selbst und den anderen kommen.
Unser Gast, der mit uns zum Zykluswissen arbeiten wollte, musste krankheitsbedingt leider kurzfristig absagen, deshalb haben wir das Thema selbstständig etwas bewegt und einen Kreis gebildet, in dem jede Person teilen konnte, was sie damit verbindet. Es ging unter anderem um die allgemeinen Zyklen Jahres-, Wochen- und Tageszyklus und auch um den weiblichen Zyklus. Hier fand ich besonders schön, mit Frauen und Männern darüber zu sprechen und sich zu hören.
Sehr spannend und an unterschiedlichen Stellen sichtbar wurde die Frage der Zyklusphasen. Jeder Zyklus hat unterschiedliche Phasen, man könnte sie auch als „Jahreszeiten“ benennen. Jeder von uns bewegt sich im eigenen Rhythmus durch diese „Jahreszeiten“. Wenn wir diese wahrnehmen und achtsam mit ihnen umgehen, kann jede Phase mit ihren ganz eigenen Qualitäten uns und unser Leben bestärken und beschenken. Wie ist es aber nun in der heutigen Zeit mit ihrem gesellschaftlichen Rhythmus - oder fast schon Takt - möglich, trotz zum Beispiel anstehender Prüfungsphasen im Studium sich auf den eigenen Zyklusrhythmus einzulassen und mit ihm zu schwingen? Kann ich überhaupt meinen eigenen Rhythmus hören? Oder was muss ich tun, um ihn wahrzunehmen und zu leben? Mit solchen Fragen sind wir in ein Gespräch eingestiegen.
Vielleicht haben wir die Möglichkeit, dieses Thema beim nächsten Treffen gemeinsam mit unserem Gast wieder aufzugreifen und in den Austausch zu gehen.
Das Treffen hat sich für mich rund, fließend und sehr stimmig angefühlt und ich bin mit einem warmen Gefühl in der Brust weitergezogen.
Im Namen von JAN
Johanna Marti | Teilnehmerin am Treffen
Fragen und Zuhören
Am Wochenende des 1. Advent mache ich mich mit einer guten Freundin auf den Weg mit dem Zug raus aus dem Ruhrgebiet nach Wörme in der Lüneburger Heide. Ich weiß nur, dass wir uns in einem alten Schafstall mit jungen Menschen treffen, die sich für eine anthroposophische Sicht auf verschiedene Themen interessieren und sich die „Jungen Anthroposophen Norddeutschland“ nennen. Sonst weiß ich nicht viel und bin gespannt auf das, was mich erwartet. Als wir das letzte Mal umsteigen, erkennt meine Begleitung bereits ein bekanntes Gesicht am Bahnsteig und auch im Zug treffen wir jemanden mit gleichem Ziel. Als wir endlich aus dem Zug steigen, ist es schon fast dunkel und wir laufen bis zum Schafstall, der mit seinem alten Fachwerk einladend mitten im Wald steht. Als wir eintreten, brennt bereits der Kachelofen, kommt aber noch nicht gegen die Kälte an, die durchs Haus zieht.
Nach und nach kommen immer mehr Menschen dazu, es wird Doppelkopf gespielt und sich angeregt unterhalten. Besonders beliebt ist der Platz auf der Ofenbank mit Rückenheizung. Nach dem Abendessen gibt es dann ein Spiel, um sich besser kennen zu lernen. Jeder sucht sich eine Farbe, Pflanze und Charaktereigenschaft, die etwas mit ihm oder ihr zu tun haben. Bei mir sind es Blau, Kiefer, Langsamkeit. Ich bin erstaunt, wie viele Bäume dabei sind. Daraus wird ein Gedächtnisspiel und ich bekomme langsam einen ersten Überblick über die Gruppe, die hier bei Kerzenschein im Kreis zusammensitzt.
Später kuschle ich mich im Bettenlager in meinen warmen Schlafsack und schlafe schnell ein. Am nächsten Morgen sind die Frühaufsteher schon fleißig dabei, in der Küche Obst zu schnippeln, Porridge zu kochen und Brot zu schneiden. Vormittags beschäftigen wir uns mit Fragen, die uns persönlich gerade beschäftigen oder einen anderen Bezug zu uns haben. Erst einmal schreibt jeder mehrere Fragen auf. Ich finde es gar nicht so leicht, ein Thema, das mich beschäftigt, in einer konkreten Frage zu formulieren. Alle Fragen werden auf Zetteln gesammelt und mir fällt auf, dass ein Großteil auch in mir schon einmal aufgetaucht ist. Stellen wir uns vielleicht alle ähnliche Fragen? Jeweils zu zweit beschäftigen wir uns dann mit je zwei Fragen.
So spaziere ich mit meiner Partnerin durch die Heide und höre fünf Minuten nur zu, was sie auf meine Frage antwortet, bis wir dann tauschen. Eine interessante Gesprächsform: Im Alltag gibt es kaum Situationen, in denen man so lange nur zuhört, ohne zu kommentieren oder Sprechpausen zu nutzen, um eigene Gedanken mitzuteilen. Oder in denen man, andersherum, länger nur spricht und sich Zeit nehmen kann, zwischendrin zu überlegen, ohne dass der andere das Gespräch woanders hinlenkt. Danach tauschen wir uns im normalen Dialog weiter aus. Schon nach kurzer Zeit fühlt sich unser Gespräch für mich ganz vertraut an, obwohl wir uns gerade erst kennengelernt haben. Später tauschen wir uns nochmal in einer etwas größeren Gruppe aus und versuchen, die Antworten und Fragen weiter zu bewegen. Ich habe mich bisher selten so gezielt und so intensiv im Austausch miteinander mit einer für mich aktuellen Frage auseinandergesetzt. Im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass diese Dialogform sehr bereichernd ist und den Einzelnen und die Gesellschaft in ihrer Entwicklung bestärken kann. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass an diesem Wochenende ein Raum dafür geschaffen wurde.
Von Lara Sträßner | Teilnehmerin am JAN