Forschen an Regional-Geld
Nora Röntgen berichtet über ihr von der AGiD gefördertes Forschungsprojekt.

Sebastian Knust: Warum haben Sie dieses Thema gewählt, was interessiert Sie daran?
Nora Röntgen: Ich möchte für ein aktuelles Problem eine praktikable Lösung finden. Viele Menschen können sich die höheren Preise von Bio-Lebensmitteln nicht leisten, dabei sind diese gesünder für Mensch, Tier und Natur. Das Problem liegt im System, vor allem an ökonomischen Zwängen und einer Fehlverteilung von Geld. Das ärgert mich und ich stelle mir die Frage, wie wir ein System gestalten können, in dem Geld so konstruiert ist, dass es Problematiken wie im Bereich der Ernährung entschärft. Ein vielversprechender Ansatz scheinen für mich regionale Komplementärwährungen zu sein. Sie bilden eine Ergänzung zum offiziellen Zahlungsmittel (z. B. Euro oder Dollar). Innerhalb einer Gemeinschaft wird dazu die Vereinbarung getroffen, ein bestimmtes Tauschmittel einzuführen und zweckgebunden innerhalb der Region auszugeben.
SK: In welchem Zusammenhang steht Ihr Thema mit der Anthroposophie?
NR: Einer von Rudolf Steiners Gedanken im Nationalökonomischen Kurs war, dass Geld innerhalb von wirtschaftlichen Assoziationen dezentral aus der Ware und der Natur heraus entsteht und von ihnen in Umlauf gebracht wird. Die Gemeinschaft soll dabei die richtige Menge und einen gerechten Preis definieren. In unserem bestehenden Finanzsystem wäre so etwas undenkbar. Abgeleitet aus diesen Annahmen möchte ich ein Modell entwickeln und in der Praxis testen.
SK: Haben Sie durch die Beschäftigung mit Ihrem Thema schon interessante Ideen oder Perspektiven gefunden? Möchten Sie eine oder mehrere mit uns teilen?
NR: Sehr gern! Ich habe ein erstes Konzept entworfen, in dem innerhalb einer Genossenschaft mithilfe einer eigenen Tauscheinheit der regionale Ökolandbau gefördert wird. Hilfreiche Anregungen dazu bekam ich zuletzt von Dr. Jens Martignoni, der zu dem Ansatz eines Vollgenossenschaftsmodells mit integrierter Währung promovierte. Zudem werde ich demnächst, ausgehend von dem Konzept, mit einer Solidarischen Landwirtschaft in Witten einen Prototypen starten.
Nora Röntgen | 14.08.1994, studierte Wirtschaft, Politik und Philosophie an der Universität Witten/Herdecke und war bei der GLS Bank tätig – wo sie inspiriert wurde, Geld als soziales Gestaltungsmittel zu verstehen. Optimistin und Utopistin mit Vorliebe für Ernährung und Landwirtschaft.