Der Bodensee-Tag - Mitgliedertreffen der Zweige rund um den Bodensee
Den geografischen Raum des Bodensees als eine kulturelle, geschichtliche Einheit zu verstehen, wie z. B. zur Zeit der iroschottischen Wandermönche, die die christliche Lehre in den Bodenseeraum brachten, ist kein ungewöhnlicher, sondern ein zukünftiger Gedanke.
So war es für die Initiatorinnen und Initiatoren des letztjährigen Bodensee-Tags keine Frage, den Weg, der im Johannes-Hus-Zweig Kreuzlingen/Konstanz seinen Anfang nahm, entschlossen fortzusetzen. Der vorbereitenden Gruppe, in der sich Überlinger, Kreuzlinger und Konstanzer Freunde auf Initiative von Johanna Reimer von der Anthroposophischen Gesellschaft, Arbeitszentrum Oberrhein (Freiburg), zusammenfanden, war es ein besonderes Anliegen, den immer deutlicher werdenden Ruf nach einer übergreifenden, persönlich verbindlichen Zusammenarbeit aufzugreifen: Wie lässt sich die Notwendigkeit der Anthroposophie in unserer schwierigen Zeit für zukünftige, neu zu bildende Wirkensfelder erschließen, gerade für Menschen, die in ihrer Suche nach Spiritualität dafür offen wären? Wie kann diese Arbeit in den Initiativen und Zweigen gestaltet und geleistet werden angesichts stetig sinkender Mitgliederzahlen? Wie kann grundsätzlich das esoterische Erbe Rudolf Steiners für das Leben und Arbeiten zukünftiger Generationen klarer und unmittelbarer entwickelt werden, bis in die konkrete finanzielle Unterstützung hinein?
Gastgeber für das Treffen am 14. Oktober 2023 waren der Columban-Zweig Überlingen/Rengoldshausen und die Freie Waldorfschule Überlingen, in deren Räumen sich rund 40 Teilnehmende aus Österreich, der Schweiz und Süddeutschland trafen. Mit dem Blick auf eine allgemeine, insbesondere auf eine anthroposophische Gemeinschaftsbildung konzentrierte sich das Leitthema um das offenbare Geheimnis der Begegnung. Dazu äußert sich Steiner sinngemäß: „Wir erwachen an den Erscheinungen der äußeren Welt. Wie kann es uns gelingen, am Geistig-Seelischen des anderen Menschen aufzuwachen?“ Wie erfassen wir die geistige, wesenhafte Dimension des anderen? Sind dafür besondere Voraussetzungen zu schaffen oder Fähigkeiten auszubilden?
Ein Textauszug aus dem 6. Vortrag des Zyklus „Anthroposophische Gemeinschaftsbildung“ (GA 257) diente als Grundlage für unsere Arbeit. Nach zwei einleitenden Impulsreferaten zur Zeitlage und zu den Ereignissen und Hintergründen der Weihnachtstagung schritt man auf unterschiedlichen Wegen voran, um tastend, mehr ahnend als verstehend, dem Mysterium der Begegnung nahezukommen: in Gesprächsgruppen, durch die Sprache eurythmischer Bewegung, durch das Erleben geometrischer Gesetzmäßigkeiten sowie durch praktische, alltagsbezogene Übungen.
Der Tag wurde als dicht und impulsgebend erlebt, weckte aber auch das Bedürfnis, sich noch eingehender mit dem Thema zu befassen. Die Freude an der Zusammenarbeit regte zu weiteren, vertiefenden Fragen an und ließ neben freundschaftlicher Offenheit und Wärme auch das völlig Unvorhergesehene zu, das durch zwei spontan erscheinende Gäste aus der Ukraine und Russland/Israel eingebracht wurde. Ein markantes Erlebnis!
Die reichen Erfahrungen und beflügelnden Eindrücke dieses Bodensee-Tags lassen darauf hoffen, dass wir, dem Urimpuls entsprechend, diese Tagung Jahr für Jahr von Ort zu Ort durch die Bodenseeregion weiterwandern lassen können. Das nächste Wanderziel im kommenden Oktober ist bereits ins Auge gefasst: Der Lukas-Zweig in Heiligenberg lädt den Bodensee-Tag zum 19. Oktober 2024 zu sich ein. Wer sich an den Vorbereitungen, an der Themenwahl, der Gestaltung des Programms oder der Organisation beteiligen möchte, der sei hiermit herzlich eingeladen und möge sich bei Johanna Reimer im Arbeitszentrum Oberrhein (Freiburg) melden (johanna.reimer). @anthroposophische-gesellschaft.org
Gerd Abel, Konstanz