Mit Blick in die Zukunft an gemeinsamen Aufgaben arbeiten - Zweites Treffen anthroposophischer Stiftungen
Für Anfang November 2023 waren erneut die im deutschsprachigen Raum angesiedelten anthroposophischen Stiftungen zu einem Austausch und Gespräch nach Stuttgart ins Rudolf-Steiner-Haus eingeladen.
Für Anfang November 2023 waren erneut die im deutschsprachigen Raum angesiedelten anthroposophischen Stiftungen zu einem Austausch und Gespräch nach Stuttgart ins Rudolf-Steiner-Haus eingeladen. Auch dieses zweite Treffen kam auf Initiative von Peter Augustin (Software AG Stiftung), Jürgen Schweiß-Ertl (Mahle Stiftung) und Michael Schmock (Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland) zustande und soll in den kommenden Jahren fortgesetzt werden.
Bei dem Treffen ging es um drei Schwerpunkte: einen Austausch über die aktuelle gesellschaftliche Situation, die Gestaltung der Antragsverfahren der unterschiedlichen Stiftungen und weitere Aufgabenstellungen für die Zusammenarbeit.
Nach einer knappen Vorstellungsrunde fand ein offenes Rundgespräch statt zu den Fragen: Welche markanten gesellschaftlichen Veränderungen haben in den letzten drei bis vier Jahren stattgefunden? Welche Beobachtungen wurden gemacht? Gibt es Knackpunkte?
Einige Teilnehmenden beschäftigten die Folgen der Coronapandemie und die Auswirkung der getroffenen Maßnahmen auf die mündigen Bürgerinnen und Bürger sowie die Verfasstheit der demokratischen Gesellschaft. Das Gespräch machte eine Bandbreite kritischer Positionen deutlich. So wurde insbesondere die Polarisierung des Meinungsklimas von den Medien bis in die konkreten und persönlichen sozialen Verhältnisse hinein beschrieben, die zivilgesellschaftliche Initiativen erschwert. Diese Polarisierung führe auch zu sozialen Spaltungen bis in die alltägliche Zusammenarbeit hinein – u. a. in einzelnen anthroposophischen Organisationen.
Es wurde deutlich, dass in der Gegenwart eine Mittebildung, d. h. das „Stehen-Lassen“ von unterschiedlichen Meinungen, und die Konsensbildung aktuell eine große Herausforderung darstellen. Das sei aber ein Kernanliegen der Arbeit auf anthroposophischer Grundlage. An diesem Punkt entstand im Gespräch die Frage: Welche positiven Akzente sind in diesem Sinne aus der Arbeit der Stiftungen entstanden? Wie sind die einzelnen Stiftungen konstruktiv mit der gesellschaftlichen Situation der letzten drei Jahre umgegangen? Dieser Blick bekam durch die auf das Rundgespräch folgenden Stiftungsberichte eine konkretere Ausrichtung.
Im zweiten Teil stellten auf Anfrage von Michael Schmock vier Stiftungsvertreterinnen und -vertreter ihre konkrete Arbeit vor – von der Bekanntmachung der Förderziele, dem Antrags- und Bewilligungsverfahren und der Projektbegleitung bis zur Berichterstattung und dem Verwendungsnachweis. Dabei waren die vier Stiftungen erkennbar so ausgewählt, dass das breite Spektrum der unterschiedlichen Stiftungsgeschäfte bewusst werden konnte. Es berichteten Monika Elbert und Angelika Sandtmann über die Stiftung Forschungsförderung der AGiD, die ihr Vermögen durch die jährlichen Ausschüttungen allmählich verbraucht. Darüber hinaus stellte Juliette Schlebusch die Arbeit der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung dar. Diese wirbt jedes Jahr private Spendengelder ein. Zusätzlich stellt die Stiftung Förderanträge beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Wieder anders arbeitet die Waldorfstiftung, über die Thomas Krauch berichtete. Sie legt ihr Stiftungsvermögen nicht am Kapitalmarkt an, sondern vergibt Darlehen. Aus den Zinserträgen können dann Projekte gefördert werden. Jürgen Schweiß-Ertl berichtete über die Arbeit der Mahle Stiftung, die im Gegensatz zur Waldorfstiftung das ihr zur Verfügung stehende Vermögen nach einem detaillierten Verfahren ausschüttet.
Die von den Stiftungen geförderten Menschen und Projekte sind sehr vielfältig und kaum auf einen inhaltlichen Nenner zu bringen. Deutlich wurde aber, dass hinter all den Anträgen ein positives, konstruktives und nachhaltiges Gesellschafts- und Zukunftsbild steht, das die jeweiligen Akteure veranlasst, aktiv zu werden, ganz nach dem Motto des GLS-Bank-Gründers Ernst Barkhoff: „Die Angst vor einer Zukunft, die wir fürchten, können wir nur überwinden durch Bilder von einer Zukunft, die wir wollen.“ In diesem Sinne arbeiten solche Stiftungen an einer entscheidenden Stelle: dort, wo Menschen kraft ihres positiven Zukunftswillens die Welt zum Guten verändern wollen.
Im dritten Teil war Gelegenheit, die beiden Bilder, das der düsteren aktuellen gesamtgesellschaftlichen Lage und das des oben beschriebenen Zukunftswillens, einander gegenüberzustellen. Bemerkt wurde, dass das erste, problemorientierte Bild sich durch die Beschreibungen im zweiten Teil deutlich aufhellte und ins Konstruktive gewendet wurde.
Der Rückblick auf die Gestaltung und den Ablauf des Treffens zeigt, dass die Verantwortlichen der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland etwas Neues initiiert haben und die Frage nach der einenden gesellschaftlichen Aufgabe haben entstehen lassen. Daran soll im nächsten Jahr weitergearbeitet werden.
Barbara und Armin Scheffler, Niefern-Öschelbronn